Über die Arbeiten…

Mit ihrer vielseitigen Praxis erzählt Yutie Lee Geschichten: Geschichten von Tradition und Kontemporanität, von Virtuellem und real Vorhandenem sowie vom Selbst und vom Anderen. In Einklang mit ihrer eigenen Biografie zeichnen Lees Arbeiten den Wandel von Wissen, Kultur und deren Trägern durch Zeit und Raum nach. Ein besonderes Interesse gilt den Transfers zwischen Europa und Ostasien. Durch die Bearbeitung von verschiedenen Quellen – wie etwa altertümlichen Schriften, dem literarischen Kanon, Popkultur und Ammenmärchen sowie eigenem Archivmaterial – schreibt Lee neue und alternative Narrativen. Diese entstehen oft in Form von Kurzerzählungen, welche die Künstlerin um Ton, Text, Skulptur und Performance zu raumgreifenden Installationen ergänzt.

Die Verquickung von geistigem und körperlichem Empfinden nimmt eine besondere Stelle in Lees Werk ein. Ihre Installationen fordern den Betrachter auf, den kognitiven Prozess des Zuhörens mit der körperlichen Erfahrung von Objekt im Raum zu koppeln. Ihre performativen Aktionen rufen wiederum mehrere agierende Körper zusammen, die im Kollektiv kognitiv gesteuerte Vorgänge durchführen. Zunehmend gilt Lees Interesse dem gespalteten Charakter des menschlichen Körpers, der sich in digitalen Räumen sowie in seinem unmittelbaren sozialen Umfeld behaupten muss. Für Lee entstehe hierdurch eine Diskrepanz zwischen dem von der Gesellschaft geprägten äußeren Erscheinungsbild eines Menschen und seinem biochemisch bestimmten physiologischen Innenleben. Die Existenz wird also zu einer Art Software, die sowohl in digitalen Datenträgern als auch in der fleischigen Hülle des menschlichen Körpers aktiv ist.

– Daniel Milnes

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